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Seeadler (Haliaeetus albicilla) der Oberpfalz - fotografieren #3

Teil 3 - Umsetzung erster Tag

Werde ich noch einmal so viel Glück haben wie am vergangenen Wochenende? Diese Frage stellte ich mir nach einem ersten erfolgreichen Wochenende. ( Hier könnt ihr Seeadler Teil 1 & Seeadler Teil 2 des Artikels lesen ).

Das darauffolgende Wochenende konnte ich kaum abwarten. Sonniges Wetter war vorhergesagt, also perfekte Lichtverhältnisse bei Sonnenaufgang. Der Plan war, an drei aufeinanderfolgenden Tagen in voller Tarnung jeweils am gleichen Platz zu sitzen, um die Adler vielleicht näher vor das Objektiv zu bekommen.

Dann war es endlich so weit: Freitagmorgen, 5:30 Uhr, 60 Minuten bevor die Sonne aufging, traf ich an dem Ort ein, an dem ich eine Woche zuvor vier junge Seeadler auf einem Baum fotografieren konnte.

Ich musste mich etwas orientieren, da ich bisher nicht genau wusste, wie ich die Tarnung aufbauen sollte, ohne das Landschaftsbild zu stark zu verändern – denn das würde den Tieren auffallen.

Persönliche Notiz: Man sollte dies schon im Vorfeld überlegen und sich mit der Umgebung vertraut machen, damit der Aufbau schnell und geräuschlos vonstattengeht.

Um meine menschliche Silhouette zu entschärfen, trug ich einen 3D-Tarnponcho. Meine Haut war zu 99% bedeckt, um Reflexionen zu vermeiden, die von den Tieren als Gefahr wahrgenommen werden könnten.

Zu guter Letzt hatte ich einen kleinen Hocker dabei, um mich bodennah hinzusetzen und mein Erscheinungsbild zu verkleinern. All diese Maßnahmen machten mich zwar nicht unsichtbar, aber für die Tierwelt als Menschen unkenntlich.

Warum muss man zu solchen Maßnahmen greifen?

Weil der Mensch generell keinen guten Ruf in der Natur hat und als Gefahr angesehen wird, die er darstellt. Soll noch einmal jemand sagen, Tiere wären nicht lernfähig!

Als ich mit meinem Aufbau fertig war und gerade die Kamera auf das Stativ setzen wollte, kam plötzlich ein Seeadler im Tiefflug über den See direkt auf mich zu. Es war noch während der Blauenstunde, also kein ideales Lichtverhältnis, um Vögel im Flug (BIF - Birds in flight) zu fotografieren.

Ich blieb ganz ruhig stehen und ging langsam in die Hocke, um mich so klein wie möglich zu machen. Jede negative Aufmerksamkeit meinerseits könnte den Adler verschrecken und den Tag ruinieren; er würde den Platz dann wohl für eine Weile meiden.

Eine Kanadagans im Wasser direkt vor mir wurde sofort vom Adler, einem Jungadler, attackiert. Es war dieselbe Szene, die ich eine Woche zuvor aus etwas größerer Entfernung auf Video festgehalten hatte. - Link zum Video: Junger Seeadler attackiert Kanadagans 

Das Ganze spielte sich nur etwa 15 Meter vor mir ab. Es war ein aufregendes, aber auch frustrierendes Erlebnis. Die perfekte Fotogelegenheit direkt vor mir, und ich war nicht an meinem getarnten Ansitz bereit. Also blieb mir nichts anderes übrig, als abzuwarten. Ich machte aus der Not heraus ein Foto mit sehr niedriger Belichtungszeit, um wenigstens ein Dokumentationsfoto zu erhalten. - Siehe Bild unten

Junger Seeadler im Tieflug auf eine Kanadagans

Glück gehabt, der junge Seeadler war so fokussiert, dass er mich nicht bemerkt hatte.

Nachdem der Seeadler von der Gans abließ und wegflog, konnte ich meinen Platz entsprechend fertig präpariert und mich einrichten. Zur Ruhe kommen - dachte ich, nahm einen Kaffee und beobachtete.

Mein Ansitzaufbau am ersten Tag

Als die goldene Stunde anbrach, ließ sich ein etwas älterer Seeadler auf einer der Baumkronen nieder, die den Weiher umsäumen.

Der jüngere Seeadler, der zuvor versucht hatte, die Kanadagans zu jagen, flog über einen angrenzenden Weiher, der direkt neben meinem Beobachtungsort lag. Durch die Kamera konnte ich ihn beobachten, sah, wie er immer wieder zur Wasseroberfläche stieß, konnte jedoch nicht erkennen, warum – mein Blick auf den Weiher wurde durch Bäume und Schilf versperrt.

Kurz darauf kehrte er zum Weiher zurück, an dem ich mich befand, und setzte sich auf einen der angrenzenden Bäume. Die Entfernung war zwar erheblich, doch durch die Kamera konnte ich erkennen, dass er einen Fisch in seinen Klauen hielt. - Bild unten, stark vergrößert

Junger Seeadler mit Fisch - Bild stark vergrößert

Dann machte sich der etwas ältere Adler auf, flog zielstrebig auf den toten Baum zu, auf dem ich die Woche zuvor vier Jungadler fotografieren konnte. Er setzte sich auf einen der Äste und genoss die aufgehende Sonne. Nach einer Weile hob er erneut ab, zog eine leichte Kurve und flog im Tieflug direkt auf mich zu und über mich hinweg. Mein Finger lag die ganze Zeit auf dem Auslöser der Kamera. Ich drückte ihn stoßweise, um den Buffer der Kamera bei den Serienaufnahmen nicht in einem Rutsch zu füllen.

"Wow, tolles Erlebnis!", dachte ich und überprüfte gleich meine Aufnahmen. Für Flugaufnahmen eines Objekts, das direkt auf mich zukommt, ist eine Belichtungszeit von 1/250 Sekunden eigentlich nicht ideal. Doch aufgrund des schwachen Lichts, das eine schnellere Belichtungszeit nicht zuließ, und meines Wunsches nach einem möglichst rauschfreien Bild, hatte ich mich für das Risiko entschieden.

Beim Durchsehen der Bilder auf der Kamera wirkten sie zunächst gar nicht so schlecht. Später am Computer bestätigte sich mein erster Eindruck: Der Ausschuss in den Serienaufnahmen war erwartungsgemäß hoch, aber zwei oder drei scharfe Bilder waren übrig geblieben. Auf einem der Fotos schien es sogar, als würde der Adler direkt in meine Augen sehen. Wenn das wirklich so war, dann wurde ich offenbar nicht als Bedrohung wahrgenommen, denn das bunte Treiben ging noch eine Weile weiter.

Es sieht so aus als wenn der Seeadler mich sah.
1/250, Sony 200-600 f5.6 / 6.3, Sony a7 RIV

Weiter gings, zu den beiden Adlern kam ein weiterer Seeadler hinzu, dieser sah nach einem Altvogel aus. Er ließ sich auf der Spitze einer Fichte nieder und fing gleich an, mit hochgestreckten Kopf und hohen grellen Tönen zu rufen - siehe Bild unten. 

Nach einer Weile flog einer der jungen Adler in meine Richtung und ließ sich auf dem toten Baum nieder, der etwa 100 Meter von mir entfernt stand.

Ob es die Rufe des Altvogels waren, die ihn geleitet hatten, konnte ich nicht sagen, aber ich war erleichtert, erneut eine gute Gelegenheit für ein Foto aus dieser überbrückbaren Distanz zu haben. Auf einem der Bilder gelang es mir sogar, den Ring am Bein des Adlers zu entziffern. Das hob meine Stimmung zusätzlich, denn nun konnte ich auch Hintergrundinformationen über diesen Greifvogel erhalten.

So endete dieser erste Tag sehr erfolgreich für mich. 😃

Auf diesem Bild war es möglich den Ring des jungen Seeadlers abzulesen

Im nächsten Artikel werde ich den zweiten und dritten Tag beschreiben. Es war einfach zu viel das es auf eine Seite gepasst hätte.

Bis dann!

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