EZO-Braunbär Wildes Japan #3

Der EZO-Braunbär von Hokkaido - Teil 3

Beim dritten Teil meines Wildes-Japan-Reiseberichtes geht es um den EZO-Braunbären und wie man am besten diesen Spitzenprädator auf Hokkaido fotografieren kann. Natürlich war unser Plan bei dieser Reise, diesen Giganten der Wildnis auf Fotos festzuhalten. 

Dabei hatten wir uns eine spezielle Tour herausgesucht, denn die Bären auf Shiretoko trifft man nicht nur in den Wäldern an. Diese können auch vom Wasser aus, an den steinigen Stränden der Halbinsel beobachtet werden. Und genau für eine solche Tour hatten wir uns entschieden.

Wichtig für mich war es, so nah wie möglich an die Tiere heranzukommen, ohne diese zu stören oder uns selbst in Gefahr zu bringen. Dazu bot sich eine Tour mit kleinem Boot an, das durch die geringe Größe in der Lage war, näher an den Strand zu gelangen.

Diese Hinweisschilder begegnen ständig

Warum wir keine Tour auf eigene Faust unternommen hatten?

Im Shiretoko Nationalpark ist die größte Braunbärenpopulation Japans zu finden.
Entsprechend sollte man sich als Deutscher / Europäer zuvor klar werden, dass diese Naturlandschaft nicht der Bayerische Wald ist, in dem keine Gefahr von Wildtieren ausgeht. Denn die Bären in Hokkaido sind nicht in eingezäunten Wildgehegen anzutreffen.

Bei einer so hohen Bären-Dichte in einem Naturgebiet ist eine Begegnung mit dem Braunbären mehr wie wahrscheinlich. Solch eine Begegnung wäre für die meisten Europäer, wie ich, überfordernd, da keine Erfahrungswerte mit Bären vorhanden sind. Wie soll man sich also bei einer Begegnung mit den Riesen verhalten?

Umso wichtiger ist es, sich im Vorfeld schlau zu machen und vor allem auf geführte Touren zurückzugreifen, als auf eigene Faust loszumarschieren. Wie schnell man eine derartige Situation unterschätzen kann, werde ich in diesem Artikel aus eigener Erfahrung noch berichten.

Unser Boot für die Bärentour

Schiffstour zu den EZO-Braunbären

Wie schon erwähnt, entschieden wir uns für einen Anbieter in Rausu, der eine Tour mit einem keinen Boot anbot. Dabei hatten wir das Glück, dass nur meine Frau, ein weiterer Gast und ich die Tour an diesem Tag gebucht hatten.


Die Tour ging entlang der Ostküste des Nationalparks bis zum obersten Zipfel und zurück.

Dabei konnten wir eine sehr beeindruckende Küstenlandschaft beobachten, an einigen Stellen entstand der Eindruck, dass man sich auf einer südlich gelegenen Insel befindet. Das Wasser türkise, kräftig grüne Wiesen mit Waldabschnitten, große Wasserfälle und Wasservogelkolonien. 

Die Fahrt ging ca. zwei Stunden in die Richtung zur obersten Spitze der Halbinsel. Zu unserm Bedauern war aber kein Bär weit und breit zu sehen. Kormorane, Graureiher und Möwen kreuzten unser Weg, aber die braunen Riesen blieben fern. 

Auf folgender Landkarte könnt ihr sehen, wie die Route der Tour an der Küste entlang verlaufen war.

Shiretoko EZO Bären Tour Karte

Route der Bären-Tour an der Küste entlang Shiretoko’s
- Die Karte wurde grafisch angepasst. Screenshot von
www.openstreetmap.org - Urheberrecht und Lizenz

Enttäuschung, nach zwei Stunden Bootsfahrt kein Bär weit und breit. Dabei dachte ich mir so, - naja ist nun mal Natur, da gibts keine Garantie wie im Zoo -. Das Boot machte, kehrt und wir fuhren wieder Richtung Heimathafen.

Das Meer wurde rauer, und das kleine Boot machte im unregelmäßigen Rhythmus große Sprünge über die Wellen. Meerwasser spritzte in hohen Fontänen ins und übers Boot. Dann machte der Kapitän auf einmal langsamer und zeigte mit dem Finger auf einen kleinen steinigen Strandabschnitt, der im Schatten lag.

Auf dem Strandabschnitt konnten wir dann einen jungen Bären erspähen. Der Kapitän fuhr näher ran, auf ca. 50 m Abstand zum Strand. Ich zückte gleich meine Kameras. Der junge Bär suchte nach Nahrung, er hob die Steinbrocken mit einer Tatze an und schaute, ob Krebstiere zum Essen darunter zu finden sind. Das war eine Demonstration, über wie viel Kraft diese Tiere verfügen, die Steine waren große schwere Broken, die ich mit meiner ganzen Kraft und beiden Händen anheben müsste. 

Ein kleiner Ausschnitt, mit dem iPhone gefilmt. Als ich den Bären am Strand mit dem 400 mm Objektiv vom Boot aus fotografierte. Es gibt euch vielleicht ein etwas besseres Gefühl, für die Entfernung und Bedingungen vor Ort.

Das Licht und besonders das Schaukeln des Bootes, durch die rauere See, waren eine Herausforderung, den Bären fotografieren zu können. Ich hatte meine beiden Kameras mit dem Sony 100 - 400er und dem Sony 200 - 600er bestückt. So nutzte ich abwechselnd beide Set-ups und versuchte mein Bestes, das fehlende Licht und das Wackeln des Schiffes bei den Aufnahmen bestmöglich auffangen zu können. Es war eine Herausforderung, die auch noch rasch zum Erfolg führen musste, da wir nur 10 Min. Zeit dazu hatten, bevor die Rückfahrt weiterging.

Die gesamte Tour war eine lange Fahrt, und leider nur eine kurze, aber einprägsame Begegnung mit dem EZO-Braunbären. Was unseren Respekt gegenüber diesen Tieren nicht minderte. Da fühlt man sich doch gleich ganz anders, wenn man realisiert, nicht das stärkste Säugetier in der Gegend zu sein. 😜

Es sollte aber nicht die einzige Begegnung während der Reise, mit den braunen Riesen sein.

Steckbrief Ezo-Braunbär (Ursus arctos lasiotus)

  • Art: Unterart des Braunbären

  • Körpergröße: bis zu 200 cm

  • Gewicht: bis zu 500 Kg 

  • Lebensraum: offenes Gelände, Wälder, Küstenregionen, bewaldete Gebirgsregionen

  • Vorkommen:  Sibirien / Russland, Nordosten China, Nordkorea, Hokkaidō / Japan

  • Ernährung: Allesfresser, jedoch mehrheitlich vegetarisch

Warum eigentlich EZO-Braunbär?

Der EZO - Braunbär ist eine Unterart des Braunbären und zählt zu einer der größten Braunbären Arten. Diese kann man auch in Sibirien, Nordosten China, Nordkorea und Hokkaidō finden. Warum diese Bären EZO-Bär genannt werden, kann ich nur vermuten. Als EZO wird ein japanisches Ur-Volk bezeichnet, das im Norden Japans ansässig war. Und das Gebiet des heutigen Hokkaido, wurde in der Vergangenheit auch als EZO bezeichnet. So liegt es wohl nahe, dass sich die Bezeichnung speziell in Japan so gebildet hat.
 

Eine unerwartete Begegnung

Wie ich eingangs erwähnt hatte, die Wahrscheinlichkeit im Shiretoko-Nationalpark einen Bären anzutreffen liegt bei mehr als 99 %. Und das ist nicht nur so daher gesagt. Dabei kann ich aus eigener Erfahrung eine Begebenheit schildern.

Der erste Bär, der aus den Büschen kam, im Auto dahinter, die Parkranger

Es gibt nicht viele Zufahrtsstraßen, die man im Nationalpark befahren kann, eine führt zu einem abgelegen Ryokan (traditionell japanisches Hotel) und eine andere zu einem Wasserfall, der aus einer heißen Quelle entspringt. Beide Straßen sind wir an einem Tag abgefahren. Da wir zum einen zu dem Wasserfall wollten, der aus einer heißen Quelle entspringt und zum anderen wollten wir uns das abgelegene Ryokan anschauen. Bei letzterem Ziel war während der Fahrt auch eine sehr vielfältige Vegetation der Landschaft zu bestaunen. Hier hatte ich mir während der Autofahrt schon Bilder im Kopf zusammen gemalt, wo ich überall einen Bären fotografieren wollen würde. 😀

Als wir auf dem Rückweg vom Ryokan mit unserm Wagen eine kleine Brücke überquerten, sah ich einen Bären in dem schmalen Bach unterhalb, der von alten Bäumen und Gebüsch umgeben war. Ich bremste scharf und fuhr rückwärts wieder auf die Brücke. Dabei war mein erster Gedanke, ein Foto von dem Bären zu erhaschen. Wir waren ja im Auto und die Brücke, auf der wir standen, bot ja auch eine gute Distanz zu dem Bären, um sich nicht in Gefahr zu begeben.

So weit kam es aber erst gar nicht, denn aus dem Nichts stand plötzlich ein Auto der Parkranger neben uns. 😀 Das Auto ist uns schon auf dem Weg vom Ryokan aufgefallen, da es am Straßenrand abgestellt war. Zwei Ranger saßen im Wagen und fragten freundlich, ob alles in Ordnung wäre. Wir bejahten dies und sagten, dass wir einen Bären gesehen hätten und wir diesen von der Brücke fotografieren möchten. Die Ranger wünschten uns viel Spaß und meinten, wir sollten vorsichtig sein und fuhren im Schritttempo weiter.

In dieser Zeit war der von mir gesichtete Bär natürlich längst nicht mehr an der Stelle, wo ich ihn gesehen hatte. Er hatte den Bach wohl überquert und erschien plötzlich vor uns auf der Straße, wo er aus den Büschen kam, die am Straßenrand wuchsen. Die Parkranger fuhren dem Bären im Schritttempo hinterher und stellten sicher, dass dieser sich wieder in die Wälder zurückzieht. Dabei tauchte ein zweiter Bär auf, der aus den gleichen Büschen hervortrat und vor uns auf die andere Straßenseite lief.

Leider konnte ich hier kein Foto erhaschen, wie ich mir das gewünscht hätte. Nur das Foto, das ihr oben sehen könnt, als der erste Bär aus den Büschen trat und von den Parkrangern mit dem Auto langsam verfolgt wurde.

Aber was ich eigentlich damit sagen wollte ist, auch wenn wir uns nicht in Gefahr befanden, da wir im Auto saßen und dieses auch nicht verlassen hätten, so war die Situation folgende:

  • Wir sahen einen Bären in einem Bach stehen und hatten diesen im Fokus.

  • Dass sich ein weiterer Bär bereits in einem Busch befand, der ca. 15 m von uns entfernt war, ist uns nicht aufgefallen und auch gar nicht in den Sinn gekommen, dass dies der Fall sein könnte.

Solche Situationen richtig einschätzen zu können und wie man sich am besten dabei verhalten sollte, ist den meisten Deutschen / Europäern nicht möglich. Da wir solche Tiere und die daraus entstehenden Situationen nicht mehr in unserem Naturgebieten haben. Deshalb sollte man sich erst damit beschäftigen und lernen, auf was man achten sollte.

Im Shiretoko National Park Nature Center bekommt man eine erste Schulung, auf was man achten und sich gegebenenfalls verhalten soll. Deshalb würde ich jedem empfehlen, der eine Wanderung durch den Nationalpark vorhat, eine “Einweisung / Schulung” vor Ort mitzumachen. Diese dauert in der Regel 30 min. Danach wird man anfangs etwas übersensibel durch die Natur gehen, nachdem man gelernt hat, was einen erwarten kann und auf was man achten sollte.

The Limit Film über die EZO-Braunbären in Japan Hokkaido

Auch kann man sich dort einen Film anschauen mit dem Titel “The Limit“ der die Situation zwischen Mensch und Bär auf Shiretoko beschreibt und die Problematik mit der hohen Bären-Dichte im Naturpark. Dieser ist mit englischem Untertitel und kann ich sehr empfehlen. Leider konnte ich diesen Film in keinem Streaming Dienst finden. Also müsst ihr schon nach Shiretoko fahren, um ihn euch ansehen zu können 😜

Aber hier ein Trailer davon:

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Markus

🇩🇪 Wer schreibt hier:

Servus zusammen,

mein Name ist Markus und seit 2014 widme ich mich der Video- & Fotografie von Naturmotiven. Diese Leidenschaft begann während meiner zahlreichen Reisen durch Japan - von Hokkaido im Norden bis hinunter nach Okinawa im Süden. Diese Erfahrungen haben mich wieder stärker mit der Natur verbunden und auch die WildeNatur vor meiner eigenen Haustür entdecken lassen.

🇺🇸 Who is writing here:
Hello everyone,
My name is Markus, and I've been passionate about video and photography of nature scenes since 2014. This passion started during my many trips across Japan—from the northern reaches of Hokkaido all the way down to Okinawa in the south. These journeys have helped me reconnect with nature and also explore the wild beauty right outside my own front door.

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