Wildtierfotografie am Neusiedlersee: Ein Tag zwischen Schilf und Steppe
Eckdaten zum Nationalpark Neusiedler See
- Gebiet: Nationalpark Neusiedler See-Seewinkel (Österreich) & Nationalpark Fertő-Hanság (Ungarn)
- UNESCO-Welterbe: Gesamtfläche 74.716 ha, (68.369 ha Kernzone / 6347 ha Pufferzone)
- Hauptfotospots: Zicklacke, Darscho, Lange Lacke, Zick-See
- Tierarten: Bartmeisen, Türkentauben, Silberreiher, Großtrappen
- Beste Zeit für Fotos: Früher Morgen (Sonnenaufgang), Abend (Sonnenuntergang)
- Eingesetztes Equipment: Sony a1, Sony a7 R IV, Sony a6700, Sony 400 mm f/2.8, Sony 200 - 600 mm f/4.5/5.6, Tamron 28-75 mm f/2.8
Inhaltsverzeichnis
- Chancen nutzen, wenn sie sich ergeben
- Erkundung der Zicklacke
- Treffen mit Naturfotografen
- Fotografieren in der Umgebung von Andau
- Ein faszinierendes Naturschauspiel: Die Insekten-Tornados
- Salzlacken wie der Darscho
- Besuch der Langen Lacke
- Abschluss am Zick-See
- Mein Résumé
- FAQ
Chancen nutzen, wenn sie sich ergeben
Die Wildtierfotografie am Neusiedler See ist ein echtes Abenteuer – aber man sollte sich gut vorbereiten. Genau das war bei mir an diesem Tag nicht der Fall. Der Plan, den ganzen Tag im Gebiet des Neusiedler Sees zu fotografieren, entstand sehr spontan, und ich hatte nur wenig Zeit, mich auf die enorme Vielfalt und Größe des Gebiets vorzubereiten.
Der Neusiedler See erstreckt sich über zwei Länder: Österreich und Ungarn. Auf der österreichischen Seite liegt der Nationalpark „Neusiedler See-Seewinkel“, auf der ungarischen Seite der „Nationalpark Fertő-Hanság“. Beide Parks bilden zusammen eine beeindruckende Fläche von 74.716 Hektar und sind Teil des UNESCO-Welterbes. Für mich klang es nach einer großartigen Gelegenheit, doch ohne Ortskenntnisse war es auch eine echte Herausforderung.
Klar war aber auch, dass es eine reine Erkundungstour werden würde, da ein solches Gebiet ohne Erfahrung kaum gezielte Erfolgschancen für Fotos versprach. Ich versuchte, mich am Vorabend schlau zu machen. Die Website des Nationalparks Seewinkel (nationalparkneusiedlersee.at) bietet eine umfangreiche Übersicht über Tierarten und Jahreszeiten, war aber für eine spontane Vorbereitung etwas zu verschachtelt und detailliert. Was mir half, waren zwei andere Quellen: ein Beitrag von fotonomaden.com und ein Artikel auf juergens-naturfoto.de, die geeignete Spots zum Fotografieren im Nationalpark beschrieben.
Mit diesen Informationen im Kopf startete ich am nächsten Morgen um 3:30 Uhr in Wien – und der Tag versprach, eine spannende Erkundungstour zu werden.
Erkundung der Zicklacke
Mein erstes Ziel an diesem Morgen war die Zicklacke am Ort Illmitz gelegen. Ein bekannter Birding-Spot im Nationalpark Neusiedler See-Seewinkel. Schon in der Dämmerung entdeckte ich zahlreiche Wasservögel und etwas später eine atemberaubende Landschaft in orange-goldenem Licht. Der Weg entlang der Zicklacke ist ideal für eine Wanderung. Dabei kreuzten Rehe als Erstes meinen Weg, was mir die ersten gezielten Aufnahmen des Tages ermöglichte.
Kleine Exkursion - Was ist eine Lacke?
Die Salzlacken im Nationalpark Neusiedler See sind flache Gewässer mit hohem Salzgehalt. Das Salz wird durch aufsteigendes Grund- und Regenwasser aus dem Boden gelöst und bleibt aufgrund des verdichteten Bodens in den Lacken zurück, da sie kaum abfließen. Durch Verdunstung erhöht sich die Salzkonzentration, was diese Lacken zu einzigartigen Lebensräumen für seltene Pflanzen und Tiere macht.
Treffen mit Naturfotografen
Nahe einem Aussichtsturms an der Zicklacke traf ich zwei andere Fotografen, Emre und Georg, die beide echte Naturfoto-Enthusiasten sind. Wir kamen ins Gespräch, und es stellte sich heraus, dass die beiden die Gegend gut kannten. Georg (Instagram: @gio_wien) und Emre (Instagram: @vogelbeobachter_emre) gaben mir wertvolle Tipps, z.B. wo ich Bartmeisen finden könnte – ein Vogel, der schon sehr lange auf meiner Wunschliste stand.
Dank ihrer Hilfe konnte ich an diesem Tag Aufnahmen machen, die für mich den ganzen Trip schon rechtfertigte: ein kleiner Schwarm Bartmeisen direkt an der von Georg und Emre empfohlenen Stelle. Es war einer dieser Momente, in denen man merkt, wie wertvoll es ist, sich mit anderen Fotografen auszutauschen. Nochmals ein großes Dankeschön an euch beide für eure Tipps und die nette Gesellschaft beim Walk and Talk!
In den ersten drei Stunden konnte ich so eine erstaunliche Vielfalt an Vögeln beobachten und fotografieren, darunter:
- Silberreiher (Ardea alba)
- Seidenreiher (Egretta garzetta)
- Graureiher (Ardea cinerea)
- Löffler (Platalea leucorodia)
- Zwergscharbe (Microcarbo pygmaeus)
- Lachmöwe (Chroicocephalus ridibundus)
- Blässhuhn (Fulica atra)
- Höckerschwan (Cygnus olor)
- Haubentaucher (Podiceps cristatus)
- Nachtreiher (Nycticorax nycticorax)
- Bartmeise (Panurus biarmicus)
- Türkentaube (Streptopelia decaocto)
Es war ein toller Start, und die Vielfalt der Tierwelt überraschte mich über den Tag immer wieder.
Fotografieren in der Umgebung von Andau
Nach der Begegnung mit Georg und Emre machte ich mich auf den Weg in Richtung der ungarischen Grenze, zum Vogelaussichtsturm LIFE Great Bustard Andau. Hier hoffte ich, vielleicht Großtrappen oder Kaiseradler zu sichten. Obwohl sich die Großtrappen an diesem Tag nicht zeigten, bot die ruhige Gegend Gelegenheit, abzuschalten und die Landschaft an einem herrlich sonnigen Herbsttag auf sich wirken zu lassen.
Auf der ungarischen Seite des Nationalparks begegnete ich Kiebitze und Hauswasserbüffeln, die friedlich auf den Weiden grasten. Die Büffel sind keine Wildtiere, ergänzen aber die malerische Landschaft im Nationalpark.
Ein faszinierendes Naturschauspiel: Die Insekten-Tornados
Auf meinem Weg im ungarischen Nationalpark Fertő-Hanság erlebte ich ein unerwartetes und beeindruckendes Naturphänomen: riesige Schwärme von fliegenden Insekten, die wie kleine Tornados durch die Luft wirbelten. Diese "Insekten-Tornados", wie ich sie nenne, zogen sich kilometerweit über die Felder und schienen endlos zu sein.
Wie ich später herausfand, handelte es sich um den sogenannten Hochzeitsflug der Ameisen – ein Ereignis, bei dem die geflügelten Männchen und Weibchen aus ihren Kolonien schwärmen, um sich zu paaren. Diese Schwärme entstehen oft an warmen, sonnigen Tagen im Spätsommer oder Frühherbst, wenn die Bedingungen ideal für die Fortpflanzung sind.
Was mich besonders faszinierte, war die schiere Größe und Dichte dieser Schwärme. Die Ameisen bildeten dichte Wolken, die teilweise so kompakt waren, dass sie wie Nebelschwaden über den Feldern hingen. Es war eine echte Herausforderung, diese mit der Kamera festzuhalten, da sie sich von der Landschaft schwer absetzten. Trotz der schwierigen Bedingungen war es ein einzigartiges Motiv – eines, das man nicht jeden Tag vor die Linse bekommt.
Es war eine faszinierende Abwechslung zu den eher klassischen Motiven der Tierfotografie. Der Hochzeitsflug der Ameisen zeigte mir einmal mehr, wie überraschend und vielfältig die Natur sein kann, wenn man mit offenen Augen unterwegs ist.
Salzlacken wie der Darscho
Der Darscho, eine kleine Salzlacke, ist nach meiner Einschätzung ein guter Fotospot für die frühen Morgen- oder Abendstunden. Hier kann man flach über das Wasser fotografieren und kommt mit den Vögeln auf Augenhöhe. Doch als ich dort am späten Vormittag ankam, war das harte Licht der Mittagssonne und das Hitzeflimmern über der Wasseroberfläche eine Herausforderung. Dennoch bietet der Darscho eine besondere Atmosphäre und lässt sich bequem von einem parallelen Weg zur Hauptstraße aus fotografieren. Auf dem Weg kann man mit dem Auto fahren und parken. Hier der Standort auf Google Maps.
Besuch der Langen Lacke
Nach einer kleinen Mittagspause in einer Raststätte an der Straße zur Langen Lacke setzte ich meine Tour zu Fuß fort. Und wieder wurde ich Zeuge des Hochzeitsflugs der Ameisen, die wie kleine Tornados durch die Luft wirbelten. Besonders für die Radfahrer, die durch diese Schwärme fuhren, war es sicherlich eine Herausforderung, nicht mit offenem Mund durchzufahren. 🙂
Der See war teilweise ausgetrocknet, und auf den verbleibenden Wasserflächen konnte ich einige Wasservögel sichten. Doch die Distanz zu den Tieren war hier recht groß, was die Fotografie erschwert. Trotzdem bot der Spaziergang selbst interessante Motive wie Fasane, Feldhasen und Türkentauben; letztere labten sich an den reifen Sonnenblumen auf den Feldern.
Schließlich kehrte ich dorthin zurück, wo mein Tag begonnen hatte – an die Zicklacke. Hier schlenderte ich noch eine Weile mit meiner Kamera umher und konnte erneut meine treuen Begleiter, die Türkentauben, beobachten. Feld- und Haussperlinge gesellten sich dazu und rundeten meinen Tag perfekt ab.
Mein Résumé
Für einen Tag war meine Tour definitiv erfolgreich. Die Vielfalt an Flora und Fauna im Neusiedler See-Gebiet ist beeindruckend, und man könnte dort wohl Jahre verbringen und immer wieder Neues entdecken. Mit der richtigen Vorbereitung und etwas Glück lassen sich wunderbare Fotomomente einfangen. Man sollte sich jedoch mehr als nur einen Tag an Zeit einplanen. Meine nächste Tour am Neusiedler See wird bei einem weiteren Mal definitiv mehrere Tage umfassen.
Es lohnt sich auch, das Gebiet mit dem Fahrrad zu erkunden. Das flache Terrain und die zahlreichen Radwege machen es einfach, auch abgelegenere Fotospots zu erreichen, die mit dem Auto nicht zugänglich sind.
Am Ende meines Tages bleibt nur ein Fazit: Der Neusiedler See ist ein Paradies für Naturfotografen und ein absolutes Muss für jeden, der die Natur liebt.
FAQ
1. Wann ist die beste Uhrzeit für Wildtierfotografie am Neusiedler See?
Die besten Zeiten sind frühmorgens zum Sonnenaufgang oder am späten Nachmittag kurz vor Sonnenuntergang. Dann ist das Licht am weichsten, und viele Tiere sind besonders aktiv.
2. Welche Ausrüstung sollte ich mitbringen?
Ein Teleobjektiv mit 600 mm Brennweite, 800 mm ist ideal, um Vögel und andere scheue Tiere zu fotografieren, da die Flächen sehr weitläufig sind und man nicht immer nahe an die Tiere herankommt. Wenn du kleiner Brennweiten hast, sollten dich das nicht von der Naturfotografie abhalten. Da Naturfotos nicht nur aus Nahaufnahmen bestehen. Ein Stativ, festes Schuhwerk und wetterfeste Kleidung sind ebenfalls sinnvoll.
3. Gibt es spezielle Regeln für die Fotografie im Nationalpark?
Ja, einige Bereiche sind für Besucher gesperrt, um die Tiere zu schützen. Auf den ausgewiesenen Wegen ist das Fotografieren jedoch erlaubt. Es empfiehlt sich, vorab die Parkregeln zu studieren. Auch gibt es Bereiche, in denen man aus dem Auto heraus fotografieren sollte, um die Tiere nicht unnötig zu stören. Informationen dazu findest du auf der Website des Nationalparks (nationalparkneusiedlersee.at).
4. Welche Tiere kann man am Neusiedler See beobachten?
Viele Wasservögel, Reiherarten, Singvögel und Greifvögel sind häufig zu sehen. Im Frühling und Herbst können zudem Zugvögel beobachtet werden.
5. Kann man das Gebiet auch mit dem Fahrrad erkunden?
Ja, das Gebiet ist flach und bestens für Fahrradtouren geeignet. Viele Radwege führen zu abgelegenen Fotospots, die mit dem Auto nicht zugänglich sind.